Da schießt Du 4 Tore in gegen Real in Madrid und fliegst raus. Dabei lief einiges gut, auch weil bei den Gastgebern einiges falsch lief. Eine Kurzanalyse.

Die Grundformationen zu Spielbeginn.
Die Grundformationen zu Spielbeginn.

Schalke 04

Es wurde nach dem Derby viel darüber diskutiert das Schalker System zu ändern und von der 5er Kette abzukehren. Das eine ist passiert, das andere nicht. In diesem Blog ist schon häufig beschrieben worden, dass Roberto Di Matteo das Spiel Schalkes sehr umfassend auf den Gegner einstellt (siehe Die ersten 14 Spiele unter Roberto Di Matteo). Und das passiert auch in diesem Jahr weiterhin. Wir müssen nur unterscheiden zwischen Formation und System. Formation ist wie die Spieler sich auf dem Feld positionieren und das System wie sie sich von da aus bewegen.

Die Formation ist seit dem Herbst relativ konstant geblieben. Schalke spielt mit einer 5er Kette davor 3 Mittelfeldakteure und 2 Offensivkräfte. Das ist die Formation. Das System damit unterscheidet sich von Spiel zu Spiel. Von aggressiv zu passiv, von abwartend zu stürmisch. Die Bewegungen des Mittelfelds oder wie und wann die Außenverteidiger aufrücken sind da entscheidende Faktoren. Beim Hinspiel war Schalke versucht die Madrilenen direkt in Zweikämpfe zu verwickeln und so vom Tor fern zu halten.

In diesem Spiel musste Schalke 2 Tore aufholen um weiter zu kommen. Das funktioniert nicht über das Verhindern von Toren, sondern nur durch eigene Torerfolge. Dementsprechend spielte Schalke diesmal ein sehr hohes Pressing um den Ball früh zu erobern und die Konterstärke auszunutzen. Dieses wurde auch über Großteile des Spiels ausgeführt. Dazu verteidigte Schalke sehr Mannorientiert. Die Außenverteidiger kümmerten sich oft dediziert um die Außenstürmer Bale & Ronaldo, so dass die 5er Kette oft eher wie eine 3er Kette mit hinzustoßenden Außenkräften wirkte.

Im Ballbesitz setzte Schalke dann deutlich mehr auf kurze sichere Pässe als zuletzt. Ähnlich wie im Bayern Spiel versuchte Schalke so beides gleichzeitig, den Ball nicht zu verlieren und schnell weit nach vorne zu kommen.

Das Mittelfeld wurde dabei herausragend von Neustädter und Meyer besetzt. Letzterer spielte wie ein 10er und war in praktisch jedem Angriff dabei. Neustädter machte dahinter alles dicht, fing Bälle ab und verteilte. Dass dennoch auch immer viele Diagonale Bälle über das halbe Mittelfeld versucht wurden sieht man besonders an der Passquote von Nastasic (79%), der das am häufigsten probierte (neben Wellenreuther natürlich, 71%). Besonders nachdem Huntelaar gemerkt hat, dass er gar nicht Fussballspielen kann und sich stärker auf’s offensive Zentrum fokussierte, wurde Schalke richtig gefährlich.

Real Madrid

Real spielte offensiv in einem 4-3-3 in dem Kroos als 6er die 8er Isco und Khedira vor sich hatte um die geballte Offensivkraft (Bale, Benzema & Ronaldo) mit Ladung zu versorgen. Defensiv schwenkten die Spanier dann in eine 4-2-2 Formation, in der sich Bale neben die Doppel-6 Khedira & Kroos gesellte.

Genau da haperte es schon. Bale, Benzema & Ronaldo wollten Tore schießen. Verteidigen hatten sie nicht so auf dem Zettel. Das wurde deutlich zu der Großen Lücke die zwischen denen und dem Mittelfeld oft klaffte. Besonders in der Rückwärtsbewegung war das ein Problem. Benzema und Ronaldo kamen nur sehr langsam mit zurück und bewegten sich dann eher zum Alibi denn zu sinnvoller Verteidigung. Bale war da etwas spezieller. Er hatte ja die weiteste Strecke von ganz vorne bis recht weit hinten. Das schaffte er nicht immer pünktlich.

Insgesamt wirkte Real nicht immer gut organisiert in der Defensive. Oft wichen einzelne Akteure aus um an anderen Stellen empfundene Missstände zu kompensieren. Das konnte Schalke recht ordentlich für seine Zwecke ausnutzen. Besonders Neustädter und seine Nebenleute schafften es regelmäßig Madrids Offensivreihe zu isolieren.

Champions League Achtelfinale, Real – Schalke, 5:4

cl_2015-03_rm-s04_8bit-2Und während Schalke so ein hohes Angriffspressing spielte und Real so Probleme mit der defensiven Ordnung hatte, fielen Tore. Ancelotti beendete das Hin & Her mit der Einwechslung von Marcelo und Modric. Es kam mehr Qualität, besonders im Sinne von Pressingresistenz und Kombinationsfähigkeit. Das war am Spiel deutlich spürbar und bis zur 84. Minute, und damit Huntelaars zweiten Treffer, passierte eigentlich nichts mehr. Erst dann wach Schalke wieder auf, versuchte es mit der Brechstange und kam noch ein paar Mal in günstige Situationen. Letztlich gewann Schalke dieses Spiel. Durch 4 erzielte Tore. Im Santiago Bernabeu. Genutzt hat’s nix.

Das Problem ist nämlich, dass so eine Begegnung der KO-Phase in der Champions League nunmal aus vier Halbzeiten besteht. Und in diesen vier Halbzeiten hat sich Schalke drei unglaublich blöde Tore einschenken lassen. Vom Weltfussballer Christiano Ronaldo nämlich. Alle drei währen zu verteidigen gewesen. Nicht der Sonntagsschuss von Marcelo im Hinspiel. Auch nicht Benzemas Galavorstellung, die übrigens aus einer 3 gegen 5 Überzahlsituation für Schalke entstand. Aber die dämlichen Tore von Ronaldo waren vermeidbar. Jedes für sich. Dumm, das.

5 Replies to “Wenn ein Sieg weh tut. Real Madrid – FC Schalke 04, 3:4

  1. Danke für diese Kopf Analyse. Bauch-und Herz Analyse mache ich ja selber und dabei kommt Roman Neustätter meistens sehr schlecht weg –eigentlich diese ganze Saison schon. Ich sehe ihn defensiv sehr schlecht ,fast jeder ballführende Gegner ist schneller als er und lässt ihn „stehen“. (Aber vielleicht brauche ich ja auch nur einen Sündenbock)

  2. Wieder ein super Analyse.
    Mit gefällt dein ‚Besonders nachdem Huntelaar gemerkt hat, dass er gar nicht Fussballspielen kann und sich stärker auf’s offensive Zentrum fokussierte, wurde Schalke richtig gefährlich.‘
    🙂

    Überaschend fand ich schon wie das kurz Passspiel dieses mal richtig gekonnt aus sah und im Derby mal gar nicht klappen wollte.

    Beim Hinspiel habe ich einen Klassen unterschied festgestellt an Hand von der weise wie Madrid keine Einwürfe weggegeben hat. Entweder durch Endspielen eines Schalkers oder wie noch immer ein Fuß auf der Linie den Ball im Spiel behalten hat. In dieses Rückspiel sah es aus als hätte man sich das jetzt auch an trainiert.

    Ich muss auch sagen dass das Spiel ha auch mal wieder richtig Spaß gemacht hat zu zu gucken.

    (Die defensive Ausrichtung Madrids als 4-2-2 ist das gewollt, will Bensema und Ronaldo nicht mitspielten?)

  3. Man kann sagen, dass Madrid wirklich das genaue Gegenteil vom BVB war. Die Lüdenscheider haben gezeigt, wie starkes Pressing und Gegenpressing aussieht, die Madrilenen haben gezeigt, wie man defensiv auf keinen Fall spielen sollte gegen eine letztlich doch sehr spielstarke Schalker Mannschaft. Das hat Schalke auf jeden Fall brillant ausgenutzt.

    Ich finde das Ausscheiden nicht so schlimm, weil die Gesamtentwicklung wieder auf der richtigen Bahn ist. Schalke hat in den letzten drei Spielen (Hoffenheim, Real, Hertha) deutlich zugelegt, was kontrollierten Spielaufbau, Ballbesitzspiel bei gleichzeitig gezielt vorgetragenen Angriffen, Variabilität und hohe Kombinationsfähigkeit im offensiven Bereich angeht. Auch gegen Gegner, die unangenehmer pressen als Real.

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