Der Liganeuling nimmt den 100 Jahre älteren Traditionsclub auseinander. Ingolstadt zeigt wie einfach Schalkes Schwächen zu bespielen sind und wie Schalke kein Mittel findet sich dagegen zu wehren. Eine Kurzanalyse.

Die Grundformationen zu Spielbeginn.
Die Grundformationen zu Spielbeginn.

Spielaufbau

Schalke, das war hier häufig zu lesen zuletzt, hat spätestens seit dem Jahreswechsel einen recht starken Spielaufbau. Geis kippt nicht mehr so tief ab, Matip & Neustädter stehen breit, Fährmann gibt sich zur Not anspielbar und die Außenverteidiger stehen hoch, aber nicht außer Reichweite. Es ergibt sich quasi ein Mini Tannenbaum, ein 1-2-3. Die Akteure (von Fährmann man abgesehen) sind prinzipiell auch alle recht Pressingresistent und Ballsicher, so dass es bereits seit Herbst Schalke nicht vor eine größere Herausforderung stellt den Ball über die Mittellinie zu bringen.

Außer der Gegner erlaubt sich richtig Druck zu machen. Dann fällt das ganze Konstrukt komplett in sich zusammen. Dann passieren den Innenverteidigern plötzlich unüberlegte Pässe, den Außenverteidigern Stockfehler und Geis taumelt orientierungslos durch den 6er Raum.

Das war schon die ganze Saison lang so zu beobachten und Ingolstadt nahm sich dessen liebevoll an. Durch aggressives hohes Pressing stellten sie Schalke vor Probleme die es oft nicht lösen konnte. Immer wieder kam es zu Ballverlusten im Mittelfeld, zum Teil sogar in der eigenen Hälfte. Oft konnte der Ball zwar trotzdem über die Mittellinie getragen werden, aber nur mit hängen und würgen, so dass eine sinnvolle Weiterverarbeitung meist nicht möglich war.

Mittelfeld

Ingolstadt machte das Zentrum dicht. Da Schalke eh lieber über die Flügel aufbaut, wurde das sogar noch gern angenommen. Besonders recht zwischen Caiçara und Sané kam es dann gelegentlich zu Aktionen. Aber Ingolstadt isolierte den Flügel, das Schalker Mittelfeld fand keine Bindung, und die beiden waren auf sich allein gestellt. Aktivitäten von Geis, Goretzka und Meyer blieben Stückwerk.

Doch statt sich gegen die Isolation zu wehren, nahmen die Schalker diese Situation als gegeben hin und orientierten sich nach vorne. Getreu dem Motto: Wenn ich im Mittelfeld schon nicht helfen kann, will ich wenigstens den Ruhm für den Treffer einheimsen. Das machte es dem Spielaufbau wiederrum schwerer, weil ja Anspielstationen fehlten. Und der Angriff stockte auch, weil die halbe Mannschaft nur vorne darauf wartete auf wundersame Weise den Ball auf den Fuß oder Kopf gespielt zu bekommen, so dass nur noch eingenetzt werden müsste.

Allerdings funktionierten die Angriffe meist nicht, weil die Spieler zu statisch waren, nur da standen und auf besagtes wundersames Zuspiel warteten. Dies war jedoch unmöglich, weil sie dank der fehlenden Dynamik für Ingolstadt fast immer recht leicht zu verteidigen waren.

Wiedereinmal…

Überall ist zu lesen, dass Schalke das Spiel recht gut im Griff hatte, der Strafstoß dieser jungen Truppe aber das Genick brach. Ich sehe das anders. Schalke schaffte es über die gesamte Spieldauer nicht, sich effektiv des Ingolstädter Drucks zu entledigen. Schalke konnte die wichtigen Zweikämpfe nicht annehmen (auch wenn 51% der Zweikämpfe insgesamt gewonnen wurden), ihnen aber auch nicht aus dem Weg gehen.

Schalke ließ sich aus dem Mittelfeld vertreiben, auf dem Flügel isolieren, zu Fehlern drängen und auskontern. Wiedereinmal von einer Mannschaft die noch weniger Interesse am Ballbesitz hat als Schalke. Wiedereinmal über hohe Aggressivität und knallhartes Pressing. Soweit so vorhersehbar. Aber wiedereinmal fand Schalke keine Mittel sich dagegen zu wehren.

Breitenreiter muss dringend daran arbeiten, dass sich die Mannschaft besser Gruppentaktisch von aggressivem Pressing befreien kann. Er muss daran arbeiten, dass Schalke in der Lage ist, sich nicht mehr aus dem Spielfeldzentrum vertreiben lässt. Er muss es schaffen, dass Ballbesitz kein Problem für Schalke mehr ist, sondern eine Chance.

Gegen Dortmund und München in den nächsten Wochen ist das aber alles egal, denn da kann sich Schalke wieder auf’s Verteidigen und Kontern konzentrieren. Vielleicht haben sie sich ja von Ingolstadt was abgeschaut…

7 Replies to “Nur die Schwächen bleiben konstant. FC Ingolstadt 04 – FC Schalke 04, 3:0

  1. Ich denke, dass das Problem einfach daran lag, dass wir wieder mal ein 4-4-2 gespielt haben mit Meyer links. Meyer gehört aber in die Mitte und Choupo auf die Bank. Breitenreiter kann sich einfach nicht von seinem Lieblingssystem trennen.

    Fast vergessen. Vielen Dank für Deine Analysen. Macht sehr viel Spaß die zu lesen, auch wegen der Neutralität, ganz sachlich.

    1. Vielen Dank für das Lob, freut mich, dass es Dir gefällt.

      Wenn Meyer links spielt, dann ja nicht so wie etwa Choupo links spielen würde. Meyer zieht es ja ganz natrülich ins Zentrum. Er steht dann stark im Halbraum, statt auf dem Flügel. So hätte das Mittelfeld eigentlich gut gestärkt werden können. Ist es aber nicht. In meinen Augen müssen besonders Meyer, Goretzka und Geis sich das ankreiden lassen.

  2. Hallo Karsten, danke für Deine Antwort. Ist schon klar, dass Meyer die Position nicht so hält oder halten soll, wie Choupo. Ich hätte mich nur gefreut, wenn Meyer in der Mitte und Belhanda links gespielt hätten. Choupo ist für mich nicht so der gute Ballverteiler und spielt meiner Meinung nach sehr ineffizient. Ich muss da immer an 1998 denken, als Berti Vogts in Unterzahl immer mehr Stürmer einwechselt und dann das Mittelfeld überhaupt nicht mehr funktioniert und Kroatien 3:0 gewinnt. Generell erinnern mich die Einwechselungen von Breitenreiter nach Rückstand immer wieder an dieses Spiel.

  3. Der Fairness halber sollte man vielleicht sagen, dass gegen den FCI sogar Bayern und Dortmund große Probleme hatten. Ingolstadt hat es ja fast perfektioniert (soweit das auf dem individuellen Niveau möglich ist), gegnerisches Mittelfeldspiel zu zerpressen.
    Bis zum Elfmeter hat man bei Schalke zumindest so etwas wie einen Ansatz gesehen, wie man das umgehen will (meistens über kurze schnelle Kombinationen und anschließenden Pass in die Spitze auf Sané). Und man hatte ja sogar ein paar ganz gute Situationen dadurch, die aber fast alle durch Abseitspfiiffe (meist zurecht, ein oder zweimal allerdings zu unrecht) zunichte gemacht worden sind. Das hat nach dem Elfmeter halt komplett aufgehört. Das war vorher kein großartiger Plan, aber man ist zumindest gelegentlich gefährlich geworden. Und weil bis dahin Ingolstadt keine Chancen hatte, hatte Schalke das Spiel zumindest gefühlt im Griff. Obwohl Ingolstadts Plan natürlich komplett aufgegangen ist.

  4. Habe das Spiel, zum Glück(?!), nicht gesehen. Aber Deine Analyse liest sich schon ziemlich hart und ernüchternd. Bzgl Deiner Ausführungen, was AB der Mannschaft unbedingt beibringen wird müssen, bin ich extrem gespannt, ob er diese Zeit noch bekommen wird. Auf dez anderen Seite hatte er jetzt auch „schon“ 9 Monate. Und so wirklich ist mittlerweile keine positive Entwicklung mehr zu erkennen. Eher noch Stagnation bzw fast schon Rückschritte.

    Und wenn ich an die nächsten 3 Gegner denke, wo 0 Punkte nicht gänzlich unrealistisch sind und die 3 Gegner danach, die entweder schon abgestiegen (H96) oder mitten drin im Abstiegskampf sind (FCA, TSG), befürchte ich ein ähnlich stimmungstechnisch katastrophales Saisonende wie letztes Jahr. Und da graust es mir vor. Wo ist nur der ganze Elan der ersten 2-3 Monate geblieben?!

  5. Leute , wenn wir diese nächsten 3 schwierige Spiele mit eine starre 4-3-3 ,das heißt , 3 Zentraler Mittelfeldspieler, ist für uns am Vorteilhaft , um eine mögliche total Debakel zu vermeiden.

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